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öffentlich


Bauantrag zur Aufstockung des bestehenden Mehrfamilienwohnhauses mit vier Wohneinheiten und Errichtung eines Carports - Erneute Stellungnahme
Bauort: Fl.Nr. 175/7 Gemarkung Giebelstadt, Ingolstadter Straße 26



Sachvortrag:
Es wird verwiesen auf TOP 03 der Bau- und Umweltausschusssitzung vom 13.06.2022. Das Gremium hat sich damals eingehend mit dem Vorhaben befasst. Grundsätzlich war das Gremium der Meinung, dass sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.
 
Folgende Beschlüsse wurden gefasst:
1.      Der Abweichung vom gesetzlichen Abstandsflächenrecht für das Wohnhaus wird nicht zugestimmt.
2.      Der Abweichung von der gesetzlichen Barrierefreiheit wird nicht zugestimmt.
3.      Der Abweichung vom gesetzlichen Abstandsflächenrecht für den Carport wird nicht zugestimmt.
4.      Unbeachtet der notwendigen Abweichungen wird das gemeindliche Einvernehmen zum Vorhaben grundsätzlich nicht erteilt.
 
Mit Schreiben vom 29.11.2022 hat das Landratsamt Folgendes mitgeteilt:
"Durch das Landratsamt fand eine Ortseinsicht statt. Auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. 175/8 befindet sich ein vergleichbares Wohngebäude in 5-stöckiger Ausführung, weitere vergleichbare Objekte befinden sich auf den angrenzenden Flurnummern 175/9 und 175/20. Auch hinsichtlich der überbauten Grundfläche sind die Objekte vergleichbar. Unsererseits fügt sich das Vorhaben somit ein und das gemeindliche Einvernehmen wurde rechtswidrig verweigert. Wir beabsichtigen daher, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen. Sie erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. erneuten Beschlussfassung bis 16.01.2023. Wir weisen darauf hin, dass seitens der Gemeinde auch eine Bauleitplanung für das betreffende Gebiet durchgeführt werden kann. Eine für die Gemeinde unbefriedigende städtebauliche Entwicklung kann Anlass für die Aufstellung eines Bebauungsplans sein."
 
Das Bauamt nimmt hierzu wie folgt Stellung:
Es ist richtig, dass sich auf Grundstück 175/8 ein fünfstöckiges Gebäude befindet. Dieses hat aber fünf sichtbare Geschosse und nicht wie das beantragte vier oder wie der ihn aktuell umgebende Bestand drei. Somit ist eine Vergleichbarkeit weder mit dem Bestand noch mit der Planung gegeben. Aufgrund seiner Entscheidung vom 13.06.2022 hat das Gremium das Gebäude auf Fl.Nr. 175/8 eindeutig als "herausragenden" Bebauung im negativen Sinne angesehen. Das Gebäude ist grundsätzlich nicht ortsbildverträglich und wird in der Bevölkerung kritisch hinterfragt. Es überragt alle umstehenden Gebäude. Es ragt aus der Dächerlinie heraus. Im Ortsbild wirkt es wie ein Fremdkörper. Dieses singuläre Gebäude steht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung. Es ist deshalb bei der Betrachtung des Maßes der baulichen Nutzung außer Acht zu lassen. Die Betrachtung muss sich auf das Wesentliche beziehen (Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger RN 37 zu § 34 BauGB). Wichtig ist, dass das beantragte Vorhaben nicht dazu dienen soll, einen bestehenden Fremdkörper in eine Umgebung einzugliedern. Das Vorhaben würde nämlich das Ortsbild von "hoher Fremdkörper" in "aufsteigende Bebauung" ändern.
 
Die Gebäude auf den Fl.Nrn. 175/9 und 175/20 sind dreistöckig und nicht vierstöckig. Das geplante Gebäude hat eine Höhe von ca. 13 m. Das oberste Geschoss hat ein Flachdach und ist ein Vollgeschoss. Die vom Landratsamt genannten Objekte haben eine Höhe von ca. 12,70 m. Sie haben flache Satteldächer und im Dachgeschoss kein Vollgeschoss. Grundsätzlich tritt zwar die Geschossigkeit hinter die Betrachtung der Höhe. Ausschlaggebend ist aber auch hier das Ortsbild. Ein viertes Geschoss mit Flachdach wirkt anders als eine Dachfläche eines Satteldaches oder ein Giebel auf Höhe eines vierten Geschosses. Aus diesem Grund muss im vorliegenden Fall bei der Betrachtung des Einfügens auch auf die Vollgeschossigkeit Rücksicht genommen werden. Ein Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung ist diesbezüglich nicht gegeben. Somit ist auch hier eine Vergleichbarkeit nicht gegeben. Wenn man die Gebäude auf den Fl.Nrn. 175/9 und 175/20 für eine Beurteilung heranzieht, könnte man auch gleich das Bestandsgebäude auf dem Vorhabensgrundstück als Referenz angeben. Dieses ist nämlich gleicher Bauart.
 
Die vom Landratsamt vorgebrachte Vorgehensweise würde auf längere Zeit gesehen alle Gebäude nach oben ziehen und somit eine schleichende Abweichung vom Ortsbild vollziehen. Dies ist von Seiten der Gemeinde nicht gewünscht.
 
Die vom Landratsamt angeführten Gebäude mögen bezüglich der überbauten Grundfläche eventuell vergleichbar sein. Was das Einfügen in das Ortsbild beim Maß der baulichen Nutzung angeht, sind diese aber nicht vergleichbar. Es gibt noch kein viergeschossiges Referenzobjekt in der Umgebung des geplanten Gebäudes.
 
Das Bauamt verweist auf das Urteil des VG Augsburg Au 4 K 20.168 vom 17.06.2020.
 
Das Bauamt verweist außerdem darauf, dass der Hinweis zur Aufstellung eines Bebauungsplans im vorliegenden Fall zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hilfreich ist und somit nicht zu einer Änderung der Betrachtungsweise beiträgt.
 
Im Gremium wird die gegenwärtige Behandlung von §-34-BauGB-Verfahren gerügt. Es ist in letzter Zeit immer häufiger der Fall, dass das Landratsamt sehr großzügig mit der Auslegung des Einfügungsgebots umgeht, trotz verweigerte Einvernehmen der Gemeinde.
 
Von einem Marktgemeinderat wird nachgefragt, ob sich das Landratsamt auch zu den beantragten Abweichungen und zu dem verweigerten gemeindlichen Einvernehmen zu diesen geäußert habe. Der Vorsitzende verliest das Landratsamt-Schreiben vom 29.11.2022 und stellt dazu fest, dass diese Beschlüsse im Anschreiben nicht thematisiert wurden. Das Gremium geht somit davon aus, dass das Landratsamt diesbezüglich mit dem Markt Giebelstadt einer Meinung ist. Die erneute Behandlung dieser Beschlüsse sieht das Gremium somit nicht als notwendig an.
 
Aus dem Gremium wird hinterfragt, ob eine Versagung des Einvernehmens überhaupt noch Sinn macht, wenn das Landratsamt bereits eine Entscheidung getroffen habe. Der Vorsitzende hält eine erneute Stellungnahme mit einer vertieften Begründung für zweifach sinnvoll. Zum einen könnte die Genehmigungsbehörde noch einmal zum Nachdenken angeregt werden, zum anderen wäre die fundierte Stellungnahme eine bessere Grundlage für eine eventuelle Klage durch die Gemeinde. Aus dem Gremium wird außerdem auf die Außenwirkung hingewiesen, wenn immer häufiger das gemeindliche Einvernehmen durch das Landratsamt ersetzt würde.
 
Der Vorsitzende gibt in diesem Zusammenhang die Empfehlung der Genehmigungsbehörde ans Gremium weiter, in Gebieten ohne Bebauungsplan einen solchen aufzustellen, um die schwierige Beurteilung des Einfügens in die Umgebungsbebauung dadurch zu vermeiden, indem klare Vorgaben durch die Gemeinde festgelegt werden und so die bauliche Entwicklung gesteuert wid. Er weist jedoch darauf hin, dass ohnehin weder bei Planungsbüros noch in der Verwaltung entsprechende Kapazitäten vorhanden sind.

Beschluss:
Das Gremium beschließt, dass sich das Vorhaben einfügt.

Abstimmungsergebnis:
 
Ja-Stimmen:
1
Nein-Stimmen:
8
Persönlich beteiligt:
0
 




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Verwaltungsgemeinschaft Giebelstadt
Marktplatz 3, 97232 Giebelstadt
Tel.: 0 93 34 / 8 08 - 0
E-Mail: info@giebelstadt.de
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